Die Zahl der HIV-Neuinfektionen in Deutschland lag 2021 wie im Vorjahr bei 1.800 Fällen. Rund 8.600 Menschen wissen nicht, dass sie mit HIV leben, ein leichter Rückgang. (RKI

„Insgesamt besteht bei den HIV-Neuinfektionen seit 2007 ein rückläufiger Trend. Dass die Zahl der Neuinfektionen im Vergleich zum Vorjahr gleichgeblieben ist, darf nicht über die gegenläufigen Trends in verschiedenen Gruppen hinwegtäuschen, die dringend unsere Aufmerksamkeit benötigen.“ (Dr. Axel Jeremias Schmidt, DAH)

Kurz-Zusammenfassung

Im Jahr 2021 gab es ca. 1800 Neuinfektionen, gleichbleibend zum Jahr 2020 (nach aktualisierter Schätzung für das Jahr 2020 waren es dort auch 1800). Der Trend der sinkenden Infektionszahlen in der Gruppe der Schwulen und anderen MSM setzt sich fort, die anderen Gruppen bleiben stabil nach einem steigenden Trend der letzten Jahre. Der Anteil der späten Diagnosen ist konstant geblieben, der Anteil der noch nicht Diagnostizierten geht in der Gruppe der MSM zurück, während er in anderen Gruppen leicht ansteigt. Insgesamt wissen gut 90% aller Menschen mit HIV von ihrer Infektion.
Insgesamt wird die Zahl der in Deutschland mit HIV lebendenden Menschen auf 90.800 geschätzt, also niedriger als in den Vorjahren, da die allgemeine Sterblichkeit berücksichtigt wird. (DAH)

Im Detail: 

Testangebote ausbauen

Noch immer wird in Deutschland ein Drittel der HIV-Diagnosen (etwa 800 von 2.400) erst gestellt, wenn bereits Aids oder ein fortgeschrittener Immundefekt aufgetreten sind – heute vermeidbare Folgen der HIV-Infektion. Das UNAIDS-Ziel für das Jahr 2025, dass 95% aller HIV-Infektionen diagnostiziert wurden, ist in Deutschland noch lang nicht erreicht: Etwa 10% der 90.800 Menschen mit HIV in Deutschland wissen nichts von ihrer Infektion. 

Auch diese Zahl ist aber bei Männern, die Sex mit Männern haben, gesunken. Das zeigt: Maßgeschneiderte Testangebote, etwa in den Checkpoints der Aidshilfen, funktionieren. Eine frühe Diagnose ermöglicht einen frühen Therapiebeginn – so werden auch weitere HIV-Übertragungen verhindert. 

„Leicht erreichbare, diskriminierungsfreie Testangebote mit Anbindung an die Lebenswelten der besonders stark betroffenen Gruppen müssen dringend weiter ausgebaut werden – insbesondere für intravenös Drogen konsumierende Menschen“, betont DAH-Medizinreferent Schmidt.

Folgende Entwicklungen gilt es in den Blick zu nehmen:

  • Die Zahl der HIV-Neuinfektionen bei schwulen und bisexuellen Männern liegt bei etwa 1.000 und geht weiter zurück, um rund 100 Infektionen gegenüber dem Vorjahr.
  • Auch die Zahl der unwissentlich HIV-positiven Menschen ist in der Gruppe MSM weiter zurückgegangen.
  • Die Zahl der HIV-Neuinfektionen bei intravenös Drogen konsumierenden Menschen im Jahr 2021 betrug 320 und ist seit 2010 gestiegen; seit 2019 blieb sie auf erhöhtem Niveau konstant. Auch die Zahl der Menschen ohne Diagnose ist in dieser Gruppe gestiegen.

 

Drogenhilfe stärken

Die höhere Zahl der HIV-Neuinfektionen bei intravenös Drogen konsumierenden Menschen fällt zusammen mit einem Rückgang der verteilten sterilen Spritzen vor Ort. In der Konsumutensilien-Erhebung des Robert Koch-Instituts 2021 gaben mehr als ein Drittel der Drogenhilfe-Einrichtungen an, dass ihr Budget nicht für eine angemessene Versorgung ausgereicht habe.

Hintergrund ist ein faktischer Rückgang der Finanzierung von Drogen- und Aidshilfeeinrichtungen, da Kostensteigerungen seit Jahren nicht ausgeglichen werden. Diese Anlaufstellen sind häufig auch für HIV- und HCV-Testangebote zuständig. (DAH) 

Pressemitteilung des RKI

Konsumutensilien-Studie des RKI

Informationen zur PrEP auf aidshilfe.de