Blut spenden in Deutschland
Du bist mindestens 18, aber maximal 64 Jahre. Du fühlst Dich fit und wiegst mindestens 50 Kg? Wunderbar, dann könntest Du ja regelmäßig zur Blutspende gehen. Oder?
Keine wirklichen Veränderungen
Noch im März 2023 wurde groß angekündigt, dass "Der Bundestag das Blutspendeverbot abschafft" und damit u.a. die Diskriminierung schwuler Männer beenden würde. Und tatsächlich wurde der pauschale Ausschluss von der Teilnahme auch beendet. Aber am Ende müssen wir feststellen, dass die aktuellen Blutspenderegeln der Bundesärztekammer bis heute diskriminierend und aus medizinischer Sicht in Teilen nicht nachvollziehbar sind.
„Die neuen Regeln sind weder wissenschaftlich evident noch beenden sie die Diskriminierung. Die Bundesärztekammer hat es geschafft, die meisten schwulen Männer weiterhin auszuschließen, ohne dies klar zu benennen. Die neue Regelung hält sogar noch weitere potenzielle Spender*innen unnötig von der Spende ab." (Sven Warminsky/ Vorstand der Deutschen Aidshilfe.
Dein "Lifestyle" entscheidet
Die Seite des Blutspendedienstes des Bayerischen Roten Kreuzes bringt es auf den Punkt. Unter "Blutspenden und Lifestyle" ist dort aufgelistet, wer für 4 Monate von der Blutspende zurückgestellt wird. Nämlich Personen mit einem Sexualverhalten innerhalb der letzten 4 Monate, das ein gegenüber der Allgemeinbevölkerung deutlich erhöhtes Übertragungsrisiko für durch Blut übertragbare schwere Infektionskrankheiten birgt.
Sexualverkehr mit insgesamt mehr als zwei Personen innerhalb der letzten 4 Monate.
Analverkehr mit einer neuen Person oder mit mehr als einer Person innerhalb der letzten 4 Monate.
Sexualverkehr für den eine Person Geld oder andere Leistungen (Unterkunft, Drogen) erhalten oder bezahlt hat innerhalb der letzten 4 Monate.
Sexualverkehr mit einer Person, die mit HBV, HCV oder HIV infiziert ist.
Lifestyle vs Monogamie. Wir haben ein Problem
Ausgeschlossen werden sollen Menschen, die in den letzten vier Monaten Analverkehr mit neuen Partner*innen hatten. Zu einer Rückstellung führt fortan außerdem Geschlechtsverkehr mit HIV-positiven Menschen sowie „Sexarbeit oder deren Inanspruchnahme“.
- Die Frist von vier Monaten ist nicht nachvollziehbar und wird nicht erläutert. Ein HIV-Labortest zum Beispiel kann eine HIV-Infektion nach sechs Wochen ausschließen. Es bleibt ein großes Fragezeichen.
- Warum werden keine sensibleren Testverfahren angewendet, um die Frist weiter zu verkürzen? Die BÄK bleibt die Antwort auf diese Frage erneut schuldig.
- Analverkehr an sich ist kein Risiko. Diese Annahme ist stigmatisierend. Schutzmaßnahmen wie Kondome und die HIV-Prophylaxe PrEP, zu denen die Prävention ermutigt, werden in der neuen Analverkehr-Klausel nicht berücksichtigt.
- Es wird ein neuer Personenkreis stigmatisiert, der vorher nicht betroffen war: Heterosexuelle Menschen, die Sex mit mehr als zwei Partner*innen in vier Monaten oder Analverkehr mit nur einer Person hatten – unabhängig vom realen HIV-Risiko.
- Geschlechtsverkehr mit HIV-positiven Menschen darf kein Ausschlussgrund mehr sein. Unter wirksamer HIV-Therapie – heute der Regelfall – gibt es beim Sex kein Übertragungsrisiko. Das hat gerade die WHO ausdrücklich bekräftigt.
- Sexarbeit oder deren Inanspruchnahme dürfen kein Ausschlussgrund sein – denn ob Sex entgeltlich oder privat stattfindet, beeinflusst das HIV-Risiko nicht. Unter Sexarbeiter*innen kommt HIV nicht häufiger vor als in der Gesamtbevölkerung.
- Erhalten bleibt ein Irrtum: Angebliche Monogamie ist keine verlässliche Schutzmethode. Menschen können nur über ihr eigenes Verhalten verlässliche Angaben machen. „Sexualverkehr ausschließlich innerhalb einer auf Dauer angelegten Paarbeziehung von nicht-infizierten Partnern oder Partnerinnen“ ist eine Scheinsicherheit.
Zurück auf Los
„Die Konsequenz aus dieser unausgegorenen Neuregelung kann nur eine sein: Zurück auf Los. Ein Neustart mit neuen Regeln, ein öffentlicher Diskurs und Transparenz von Anfang an. Niemandem ist damit gedient, das ewige Ritual von Neuregelung durch medizinische Gremien und öffentlicher Kritik daran weiter zu wiederholen. Warum nicht gleich gemeinsam eine Lösung erarbeiten?“, so die Deutsche Aidshilfe. Dieser Forderung schließen wir uns an.
Information zur Änderung des Transfusionsgesetzes
Pressemitteilung und Position der Deutschen Aidshilfe zur vorherigen Regelung
Artikel der Deutschen Aidshilfe
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